Die Stadt Subotica liegt weit im Norden von Serbien, an den Grenzen zu Ungarn und Kroatien. Wie man hier kulinarisch über die Runden kommt und wie man zu Hause in Deutschland das original serbische Grillaroma erreicht, darum geht es in diesem Artikel.
No Country for Kulinarik
Mehr als „über die Runden kommen“ kann man das tatsächlich nicht nennen, denn kulinarisch ist Serbien ein echtes Niemandsland. Was fällt einem zu Serbien ein, außer Krieg und Bohnensuppe? Wenig, das ist es eben. Natürlich gibt es auch hier sämtliche Balkanspezialitäten wie im weitaus bekannteren Kroatien. Aber ein richtiges „Trademark“-Gericht, das gibt es nicht. Ich war beruflich für ein paar Tage in Subotica (spricht man aus wie „Subotiza“) und habe dort nach einigen Fehlschlägen schließlich doch noch eine gute Essensquelle gefunden.
Die Stadt selbst ist eine wilde Mischung aus allen Kulturen oder Nationen, die hier einmal drüber gerutscht sind. Sie hat im Laufe der Geschichte x-Mal ihren Namen geändert, um es dem jeweiligen Herrscher Recht zu machen. Egal ob das jetzt die Österreicher, Ungarn oder Türken waren. Sie alle haben ihre Spuren hinterlassen. Leider nur sehr wenige beim Essen, das ist mir unerklärlich. Hier im Norden des Landes merkt man von der Nähe zu Ungarn herzlich wenig. Weder Paprikagerichte noch Gulasch & Co. tauchen hier auf. Im Süden soll es wohl etwas türkisch zugehen, aber wenn damit das allgegenwärtige Burek gemeint ist, dann gibt es das auch sonst überall auf dem Balkan.
Das Hotel „Galleria“
Subotica ist zwar für serbische Verhältnisse groß, hat aber trotzdem nur wenige gute Hotels. Eines davon ist das „Galleria Hotel“, das einen ganzen Straßenblock in der Innenstadt einnimmt und sehr gut ausgeschildert ist. Da das Navi hier im Land nicht richtig funktioniert, fährt man ab der Ortseinfahrt einfach den Schildern nach. Alles Wichtige ist nicht nur in kyrillischen sondern auch in lateinischen Buchstaben ausgeschrieben. Im Hotel hat es einen Wellnessbereich, der gut ausgestattet ist. Er entspricht etwa einer mittleren Saunalandschaft in Deutschland, es soll in Serbien aber angeblich nichts besseres geben. Frühstück, Service etc. ist mittlerer Standard. Hierzulande vergibt man sich dafür schon mal selbst 4 Sterne. Das Niveau in Serbien ist generell sehr niedrig. Ich weiß immer noch nicht, ob man das Land offiziell als Schwellenland bezeichnen darf. An seine Nachbarn reicht es jedenfalls bei weitem nicht heran. Wie auch immer, im Hotel gibt es ein bayerisches Restaurant, bzw. Bar namens „München“, wo Paulaner gezapft wird. Ansonsten serviert man dort morgens frisch gebratene und abends dann in der Mikrowelle erwärmte Würstchen als original deutsche Spezialität. Hier sollte man besser fernbleiben.
Das Restaurant „Boss“
Nachdem ich einen ganzen Abend lang in der Innenstadt herumgeirrt bin, ohne ein Restaurant zu finden, habe ich später dann zum Glück das „Boss“ in einer Nebenstraße des Hotels gefunden. Unter demselben Namen befinden sich in direkter Nähe noch zwei Cafés, eine Pizzeria und eine Vinothek. Mir wurde gesagt, der deutsche Besitzer hat hier in der Stadt viele Eisen im Feuer. Ihm gehört auch ein großer Teil des örtlichen Industriegebiets, in dem gerade wie blöde expandiert wird. Da Polen und Tschechien nicht mehr zu den billigen Standorten für produzierende Firmen gehört, geht der Stab jetzt an Serbien. Für die nächsten 10 Jahre ist hier also auf der grünen Wiese richtig Cash zu machen. Wo die hier arbeitende Bevölkerung ihren Mittagsimbiss holt, steht weiter unten.
Zurück zum Restaurant-Café „Boss“. Serviert wird eine ungewöhnliche Mischung aus Pizza, Pasta, Balkanküche und: chinesisch! Auf diese Kombination muss man erstmal kommen. Aber es funktioniert. Die Pizza ist zwar etwas weich und labberig, aber lecker. Die gefüllten serbischen Kroketten knusprig und vor allem ist das chinesische Essen erstaunlich gut. Hier muss ein „richtiger“ Chinese in der Küche stehen, denn es schmeckt wesentlich besser als in jedem deutschen Chinarestaurant. Das Bier vom Fass perlt und die Bedienung ist aufmerksam, was will man mehr. Preislich kostet das Essen hier etwa die Hälfte in Vergleich zu Deutschland. Auch bei einem Cappuccino für unter 1 Euro kann man nicht meckern.
Snack, Imbiss und Grill: „The Best“ und andere
Dieser und andere Grills umgeben das Hotel und füllen im Prinzip die gesamte Innenstadt auf. Da es kaum noch normale Geschäfte gibt, bleiben so manche Lücken in den Häuserreihen leer. Ebenso ist die Dichte von Glücksspiel-Spelunken, Bars und Cafés schon im Bereich der absoluten Sättigung angekommen. Für einen Grill oder Snackbetrieb ist aber immer noch ein Plätzchen frei. Auch ganz normale Restaurants gibt es kaum, aber Pljeskavica & Co. sind an jeder Ecke anzutreffen. Für 2 bis 3 Euro bekommt man eine ordentliche Portion mit Beilage.
Dass die herkömmlichen Geschäfte ausgestorben sind, läge an dem Flohmarkt Komplex, der im Südwesten der Stadt gleich neben dem Industriegebiet aus dem Boden gestampft wurde, sagten mir die Einheimischen. Hierbei handelt es sich im Prinzip um einen Dauerflohmarkt, der jeden Tag von morgens bis mittags öffnet und wo man von Bratpfannen bis zu Wintermänteln alles bekommt. Die Folge war, dass die meisten innerstädtischen Geschäfte dicht machen mussten. Eigentlich genau wie in Frankreich, nur dass hier statt Mega-Hyper-Super Marchées ein einfacher Flohmarkt das Sterben eingeleitet hat.
Da auf dem Markt der Teufel los ist und auch die arbeitende Bevölkerung aus dem Industriegebiet mittags was zwischen die Rippen braucht, hat es in den dort ansässigen Imbissbuden Hochbetrieb. Hier wird gegrillt und gebacken, was das Zeug hält und die Qualität ist überzeugend. Tatsächlich habe ich das beste Pljeskavica genau hier in einem serbischen Grill/Bäckerei/Imbiss gegessen! Das Geheimnis des guten Fleischgeschmacks läge im Räuchern, sagte man mir. Man nimmt das rohe Fleisch und hält es für einige Zeit in die qualmende Holzkohle. Dadurch nimmt es den rauchigen Geschmack an und kann anschließend über dem Feuer gegrillt werden. Wichtig ist, dass die Kohle nur qualmt und nicht brennt. Denn sonst wird es zu heiß. Falls das Feuer doch mal auflodert, kann man es mit einer Handvoll Salz wieder bändigen. Wieder was gelernt. Wenn ich mich recht entsinne, sind mir schon in Kroatien die vielen qualmenden Grills aufgefallen. Und ich habe mich immer gefragt, wozu das gut sein soll. Möglicherweise bekommt man zu dem Aroma auch gleich noch Krebs mitgeliefert. Denn uns Deutschen wird ja seit Ewigkeiten schon eingetrichtert, dass so ziemlich alles zwischen Himmel und Erde und insbesondere die im Rauch enthaltenen Schadstoffe krebserzeugend sein sollen. Und deswegen schmeckt unser Grillgut auch irgendwie kastriert. Muss jeder selbst entscheiden. Geschmacklich ist der Krebs jedenfalls bombastisch.
Wer auf solch ein versautes Grillerlebnis steht und in Frankfurt wohnt, dem sei der „Balkan Grill“ im Gallus an der Mainzer Landstraße wärmstens empfohlen! Hier werden kaum zu schaffende Fleischberge serviert, leider ist die Atmosphäre ein wenig Bahnhofshallenartig. Wer es genauer wissen will, lese die Kritiken auf Yelp. Als Vegetarier oder Biofundamentalist sollte man aber vielleicht woanders hingehen…