Bei manchen Hong Konger Geschäften steht man als Langnase etwas ratlos davor und fragt sich, ob das nun ein Lebensmittelgeschäft oder eine Apotheke ist. Beides trifft wohl zu, wenn man das Sortiment betrachtet. Die sagenumwobenen Schwalbennester und die extrem teuren Abalone-Schnecken befinden sich sogar noch innerhalb meines kulinarischen Horizonts, da man sie in gehobenen Restaurants ebenfalls angeboten bekommt. Bei getrockneten Riesenraupen, Seegurken, Seepferdchen und anderem Gekreuch und Gefleuch greift zum Glück die automatische Hirnblockade – das möchte ich mir nicht mal gekocht vorstellen…
So genau konnte es mir zwar keiner sagen, da die Inhaber dieser Läden sehr traditionell erscheinen, kein Englisch sprechen und einen finster anstarren. Aber ich vermute mal, dass all dieses Zeug bevorzugt zerrieben in den Tee gerührt wird, um eine galaktische Erektion sicherzustellen.
Anstatt mir potenzfördernde Wundermittel reinzuziehen, habe ich heute morgen zunächst ein klassisches Congee gegessen, das Lieblingsfrühstück der Hong Kong Chinesen.
Es besteht aus zerkochtem, dünnem Reisbrei, der mit allerlei Zutaten aufgepeppt wird. Ich konnte es mir nicht verkneifen und habe die Variante „Schwein und Tausendjährige Eier“ bestellt. Schwein schmeckt wie Schwein, die Tausendjährigen Eier scheinen dagegen das Produkt der chinesischen Gier nach immer neuen Geschmacks-Stimulationen zu sein. Es ist einfach eklig. Allein die Konsistenz erinnert an grün-schwarzen Pudding, welcher eine geschmackliche Partnerschaft mit Schwefel eingegangen ist.
Ein weiterer Klassiker, den man aber bedenkenlos empfehlen kann, ist Dim Sum. Das sind kleine gedämpfte Teiglinge mit verschiedener Füllung, wozu gerne Tee gereicht wird. Die Verzehrzeiten von Dim Sum richten sich in etwa nach den Regeln des Deutschen Weißwurst-Gesetzes, also bis maximal 11 Uhr vormittags. Im Laufe des Tages kam ich an einem Teehaus vorbei, welches in einem großen Park lag. Dort habe ich mir dann einige Dim Sum und natürlich Tee bestellt. Lecker, erfrischend und belebend. Die chinesische Variante des englischen 5 o’clock tea (denn so genau nimmt man es hier mit den Zeiten nicht).
Auf der Inselseite von Hong Kong fahren in kurzen Abständen Straßenbahnen von der Ost- zur Westseite der Insel und wieder zurück. Man steigt einfach hinten ein, fährt so lange mit, wie man möchte und steigt vorne beim Fahrer wieder aus, wo man auch gleich bezahlt. Jede Fahrt kostet 2,30 HK Dollar, was unglaublichen 20 Eurocent entspricht. Deswegen eigenen sich die Metallbehälter für den Münzeinwurf hervorragend, um Schwermetall loszuwerden.
Die Fahrt in diesen Doppelstöckigen Trams ist alleine schon wegen dem Fahrtwind äußerst angenehm. Man lässt sich so lange herumfahren, bis einem die Gegend wieder vielversprechend aussieht und sich ein Bummel zu Fuß anbietet. Während des Gebummels kommt man ganz automatisch an diversen Imbissständen vorbei. Anstatt Nierenspießen und Nackenkoteletts gibt es hier folgendes:
Fischbällchen am Spieß, ziemlich schwammig und fischig. Aber nicht das „Käpt’n-Iglo-fischig“, sondern eher das „seit-vielen-Tagen-tot-fischig“. Außerdem gab es noch:
Hautfetzen am Spieß. Das sah recht lecker aus, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als der Spieß in heißes Wasser anstatt in siedendes Öl getaucht wurde. Es war also ein labberiges Vergnügen, dank der Chili-Erdnuss-Sauce aber deftig scharf.
In Hong Kong wird übrigens viel Gans gegessen, so als wäre jeden Monat Sankt Martin. Ein Traum. Dass man sie traditionell lauwarm isst, erklärte mir der befrackte Ober des „Yung Kee Restaurant“ in der Wellington Street. Ich benahm mich wie ein trotziger Tourist und bestand auf Mikrowelle. Gans muss heiß sein.
Nachtrag 2024: im Nachhinein ist es mir doch ziemlich peinlich, in dieser Institution, diesem asiatischen Tempel für Gänseliebhaber auf meine heiße Gans bestanden zu haben… sieht man sich heute all die Youtube Videos zu Yung Kee an, versteht man den Hype. Mein eigenes bewährtes Rezept für Gänsebraten gibt es hier und das Ergebnis ist ebenfalls eine zarte, saftige und vor allem heiße Gans!
Nach diesem leckeren Abschlussessen ging es dann abends zurück zum Hotel. Schnell die verschwitzten Klamotten umgezogen und dann per Airport Express ab zum Flughafen. Der Nachgeschmack der Gans lag mir noch vollmundig auf der Zunge, als ich schon lange wieder im Flieger saß und der unvermeidliche Airline-Pamp auf meinem Tablett landete…
Fazit: Hong Kong macht Laune und ist einfach zu bedienen.
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