Business Lounge (II) und ungarische Filippinos

von Mo

Es gibt schon Unterschiede, so ist das nicht. Die Business Lounge im Bereich der Abflug-Gates für Kurzstreckenflüge ist spartanischer ausgestattet als die für Langstreckenflüge. Die Vodka-Martini-Bier-Bar ist zwar gleich gut bestückt, die Auswahl an Speisen ist aber in Langstreckenbusinesslounges eindeutig besser.

Ansonsten ist noch auffällig, dass hier besonders viele Menschen einen an der Klatsche haben. Eine dunkelhäutige Dame beispielsweise setzt sich mir gegenüber und bittet darum, zu einer bestimmten Uhrzeit geweckt zu werden.
Na, selbstverständlich mache ich das. Falls ich dann noch hier bin. Ein anderer Reisender ist damit beschäftigt, mit dem Zeigefinger die Reste des Milchschaums aus seiner Kaffeetasse zu pulen. Ein dritter wiederum – Österreicher, wie nicht zu überhören ist – nutzt den Ruheraum dafür, endlich ungestört lautstark telefonieren zu können, während seine kleine Tochter die Lounge tyrannisiert. Basst scho. Ein älteres britisches Paar ist dagegen vollkommen relaxt und nutzt die Zeit für eine Partie Scrabble.

Auch nach dem Einsteigen in den Jumbo dominieren die Bekloppten. Einer behauptet steif und fest, die vier Sitze in der Mitte „reserviert“ zu haben. Reserviert, vier Sitze? Dann hätte er sich ja gleich und für weniger Geld ein First-Class Ticket kaufen können. Egal, die Stewardessen spielen mit und so darf er ungehindert andere Passiere verscheuchen, die sich verständlicherweise einen angenehmeren Sitzplatz sichern möchten. Vielleicht ist der Typ auch schwer krank und kann nur liegend fliegen… Reine Spekulation, man versucht eben, eine sozialverträgliche Begründung zu finden. Oder er ist einfach ein gewiefter fauler Sack, was möglicherweise die traurige Wahrheit ist.

Eines Tages muss ich das Alkoholexperiment endlich durchziehen. Erst in der Lounge mit Vodka abfüllen und dann volltrunken im Flieger weiter fleißig Wein und Schnäpse ordern. Ein starkes Stück, dass die Fluggesellschaften das Betrunkensein von Passagieren tatkräftig fördern. Nicht nur, das Besoffene gern mal auf dumme Ideen kommen, so wie mein damaliger Kojen-Nachbar auf dem Segelboot, der nachts die grandiose Idee hatte, den Motor unserer ankernden Segelyacht zu starten. Nein, sie schnarchen auch einfach sehr laut…

Einen Vorteil hat es natürlich, von alkoholisierten Sitznachbarn umgeben zu sein: die Kommunikation ist exzellent. Zu meiner linken saß diesmal ein ungarisch-deutscher Rentner, der gerade auf dem Weg zu seiner Frau auf den Filippinen war. Seit 25 Jahren führen die beiden eine Halbjahresfernbeziehung. Sobald es in Deutschland anfängt, schmuddelig zu werden – also spätestens ab Oktober – setzt sich der Rentner ins Flugzeug und fliegt zu seiner Lebensgefährtin in die Tropen. Wenn nur die hohe Luftfeuchtigkeit nicht wäre, meint er. Aber dafür schmeckt das Obst dort gut, was die lange Anreise definitiv rechtfertigt.
Wenn diese Beziehung mal nicht „csípős“ ist, dann weiß ich es auch nicht.

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