Nach 12 Jahren war ich letztens zurück auf der Insel Korfu und habe einen Segeltörn im Ionischen Meer mit einer Truppe Senioren unternommen. Zwar hatten wir keinen Wind, aber ereignislos war der Törn trotzdem nicht.
Korfu als alte und neue Seglerbasis
Im Jahr 2011 war ich hier als Kojencharter-Tourist unterwegs. Das heißt, ich habe mich einfach auf eine Segelyacht dazu gebucht und ließ mich überraschen. Werden das wohl nette Miturlauber sein? Wie ist der Skipper drauf? Wird es ein schöner Urlaub oder wird er zum Vergessen? Die Fragen lassen sich im Prinzip schnell beantworten: es sollte mein letzter Urlaub im Kojencharter sein, bevor ich 2012 meine Zelda kaufen würde. Die Mitsegler waren langweilig, nervig und psychopatisch. Der Skipper sowohl von seinem „echten“ Job bei der BASF als auch von seinem Skipperjob gelangweilt und entsprechend lustlos unterwegs. Diesen Urlaub hätte ich mir sparen können, aber zum Glück war ja schon das eigene Boot in Planung. Mehr dazu in meinem Buch „Sieben Sommer Segeln in Kroatien“.
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Wir haben damals den für Korfu klassischen Segeltörn von einer Woche unternommen mit Start in der Gouvia Marina. Mit einem reich mit Bildern und orthodoxen Ikonen geschmückten Bus ging es vom Flughafen schnell zur Marina. Nach dem Ablegen am ersten Tag gab der Skipper Vollgas und fuhr so weit südlich runter, wie möglich. Dann trieben wir uns rund um Paxos und Antipaxos noch etwas herum und fuhren anschließend wieder zurück. Viel Segeln war nicht drin bei kaum Wind und drückender Hitze. Weiter nach Süden zu fahren wäre nicht sinnvoll gewesen und außerdem hätte man dann auch gleich in Levkas chartern können. So lief das damals und genauso läuft ein durchschnittlicher Törn ab Korfu auch heute noch.
Der damalige Törn mit einer bunt gemischten Crew
Im Sommer ist das Ionische Meer berüchtigt für sein windarmes Wetter. Die Hitze drückt ganz ordentlich und tags als auch nachts fließt der Schweiß. September ist also tatsächlich der früheste Zeitpunkt, an dem das Chartern Sinn macht. In 2011 waren wir leider im August unterwegs und es war fürchterlich heiß. Ich schlief jede Nacht draußen an Deck, weil mir sowohl die Hitze als auch der schnarchende und ungepflegte Kojennachbar sehr zu schaffen machte.

In der Crew kam keine gute Stimmung auf, da sie nur wenige Schnittstellen untereinander hatte in Bezug auf Alter, Herkunft und Lebenseinstellung. So verlebten wir mehr nebeneinander als gemeinsam die Woche auf dem Boot. Einzig gegen Ende kam gute Stimmung auf, als wir in Plataria anlegten und bei „Olga“ einkehrten. Eine solche leckere Fischplatte habe ich nur selten gegessen. Ansonsten, wie gesagt, war der Törn zum Vergessen.
Der heutige Törn mit einer Senioren-Crew
Wir schreiben das Jahr 2023 und ich bin wieder zurück auf Korfu. Über ein paar verwandtschaftliche Ecken habe ich einen kleinen Trupp Senioren kennengelernt, die traditionell seit vielen Jahrzehnten zusammen Segeln gehen. Doch das war einmal, denn mit Anfang 80 fallen die Segelkameraden einer nach dem anderen aus. Übrig geblieben sind nur noch drei Männer, von denen zwei regelmäßig auf einem Segelboot gestanden haben. Der Dritte geht mehr oder weniger als Cargo durch, da er sich zwar kostenmäßig an allem beteiligt, aber er übernimmt keine Aufgaben beim Segeln, weil er es nicht kann. Und auch nicht in der Pantry, weil er dazu keine Lust hat. Dazu kommt bei alten Menschen gerne noch eine gewisse Schludrigkeit, was die Körperhygiene und gegenseitige Toleranz angeht. Und Schwupps, schon ist da Konfliktpotential!

Mit der Senioren-Crew war ich vor zwei Jahren schon einmal auf der Ostsee unterwegs. Dank Schlechtwetter hatten wir nur wenige Segeltage und haben die meiste Zeit an Land verbracht. Dadurch wurde ich rückblickend doch etwas über ihre seglerischen Fähigkeiten getäuscht. Denn die Klappe ist bei den alten Jungs noch so groß wie eh und je. Wenn man nur wenig Segelzeit hat, fallen die Schwächen in der Bootsführung eben weniger auf. Das sollte diesmal anders sein. Jedenfalls, ich fand es nach dieser Reise gut, wieder jemanden zum Segeln gefunden zu haben, und so wurde als Törn im übernächsten Jahr Griechenland auserkoren.
Das Wetter im September
Unser Anreisetermin lag Mitte September, denn die Italiener, Franzosen und selbst die Bayern sind dann aus ihren Ferien zurück und das Mittelmeer atmet so langsam wieder auf. Die Temperaturen liegen tagsüber allerdings immer noch bei Ende zwanzig Grad und auch nachts geht es nur runter bis auf etwa 20-22 Grad. Das liegt am Wasser, denn das bleibt nachts natürlich noch warm und heizt deswegen durchgehend. Dazu kommt, dass 2023 die Temperatur des Oberflächenwassers im Mittelmeers um einiges höher lag als früher und auch das wirkt sich aus. Falls ich hier noch einmal herkommen sollte, dann nicht vor Oktober.

Griechenland wurde im ersten Halbjahr 2023 erst von Waldbränden und dann von Regenfluten heimgesucht. An Korfu ging das alles relativ gut vorüber. Wer allerdings vorhatte, in den Sporaden Segeln zu gehen, der wird sich dieses Jahr aufgrund der Verwüstungen wohl etwas einfallen lassen müssen. Wettermäßig hatten wir es um Korfu herum mit einer stabilen Lage zu tun. Jeder Tag brachte das gleiche Segelwetter mit sich: strahlende Sonne und Wind erst ab 14 Uhr, aber nur bis maximal 4 Bft. Bis auf einen Tag Wolken knallte also die Sonne und wir sind rückblickend nicht mehr als eine Handvoll Stunden unter Segeln gefahren. Wir hätten also lieber ein Motorboot chartern sollen, das Ionische Meer machte seinem Ruf als Schwachwindrevier alle Ehre.
Unsere Route durch das Ionische Meer
Im Prinzip nahmen wir dieselbe Route wie damals auch. Man kann sie vorwärts, rückwärts oder im Zickzack absegeln, das ist wurscht. Zwischen Korfu, den beiden Inseln Paxos und Antipaxos sowie dem Festland spielt sich das Leben hier nun einmal ab. Unsere Stopps lauteten:
Von Gouvia nach Petriti: durch den Schutz der Insel und die vorherrschende Windrichtung aus NW ein zumeist sehr sicherer Liegeplatz. Der helle Schlamm hält den Anker bombenfest. Es gibt Tavernen direkt am Wasser und einen kleinen Supermarkt an Land.

Von Petriti nach Paxos: die Lakka-Bucht war unser Ziel (und das von allen anderen auch). Hier lagen wir weit draußen vor Anker, weil es innen schon mittags voll war. Das Ankern ist in dieser Bucht aufgrund der Enge ein sportliches Vergnügen. Erst nach drei Versuchen war ich zufrieden mit Abstand und Sicherheit. Wer hier als Anfänger reinfährt, der erlebt sein blaues Wunder und lernt schnell, was ein Schwojkreis ist. Zwar hätte man auch ganz innen im Flachwasser direkt vor dem Ort ankern können. Dann hätte man aber auch mit einer trüben und grauen Brühe leben müssen und das war für mich keine Option.
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Von Paxos nach Antipaxos und zurück nach Paxos: auf Antipaxos sind die drei nordwestlich gelegenen Ankerbuchten Vrika, Mesovrika und Voutoumi das Ziel aller Urlauber. Sie verfügen zwar über klares Wasser und teilweise hellen Sandgrund, weshalb man sie als die „Karibik von Antipaxos“ vermarktet. Doch die Nachteile sind immens: großräumig abgesperrte Uferbereiche für Schwimmer und Tagesausflugsboote in Massen, die hier für 30 Minuten eine Horde johlender Touris hinbringen. Enge und Hektik im Ankerfeld und ein recht tiefer Ankergrund von 8-20 Metern. Hier musste ich leider unserem Tagesskipper (einer der Senioren) das Ruder aus der Hand reißen, als er mehr oder weniger planlos durch das enge Ankerfeld fuhr. Lieber jemandem die Ehre klauen, als die Kaution verlieren… Ich hatte dann zwar wenig später den Anker geworfen, aber zugleich verkündet, dass ich diesen Ort für zu eng, zu hektisch und im Prinzip für gefährlich halte. Da wir nach einer Winddrehung einem der Ausflugsboote zu nahe kamen, packten wir später wieder unsere sieben Sachen und fuhren zurück nach Paxos im Norden.

Diesen Tag hatten sich alle anders vorgestellt. Die Senioren, weil sie vor langer Zeit schon einmal vor Antipaxos lagen und es sehr schön fanden. Und ich auch, da solche Eskalationen von Macht einfach hässlich sind. Jemandem im wahrsten Sinne des Wortes das Ruder aus der Hand reißen, das hinterlässt immer einen Knacks. Aufgrund meiner wesentlich größeren Erfahrung und des jüngeren Alters musste ich aber handeln, da gab es kein Pardon. Wer mit über achtzig Jahren seine Grenzen nicht kennt, muss mit einer solchen Situation leben. Später im Törn haben wir wieder die Friedenspfeife geraucht und ich habe den Herren das Angebot unterbreitet, sie das nächste Mal als verantwortlicher Skipper durch das Mittelmeer zu fahren. Mal sehen, ob das für sie eine Option ist. Am Ende des Tages lagen wir jedenfalls wieder vor Paxos, diesmal südlich von Gaios (der Ort, wo der Stadthafen an einem sehr schmalen Fahrwasser-Schlauch liegt). Unser Anker und die Kette lagen fest verkeilt zwischen den großen Steinklötzen am Boden… nicht ideal, aber es war eh kein Wind.
Von Paxos nach Syvota: auf Geheiß der Senioren war regelmäßig um spätestens 8 Uhr morgens die Nacht vorbei. Ursprünglich sollte schon um halb 8 der Wecker klingeln, aber da ich im Salon schlief, habe ich ein Veto eingelegt, um wenigstens noch ein bisschen morgendliche Ruhe zu haben. Um halb 10 waren wir also wieder auf Achse. Nur ist es in der Adria und auch im Ionischen so, dass sich die Tagesthermik erst am frühen Nachmittag aufbaut. Und da wir nie viel länger als drei Stunden für unsere kurzen Strecken benötigten, waren wir schon regelmäßig dann am Ziel, wenn der Tageswind noch gar nicht richtig angefangen hatte. Man könnte womöglich zu spät ankommen… Mit leichtem Rückenwind motorten wir also die paar Seemeilen in nordöstliche Richtung zum Festland nach Syvota. Hier drängte ich darauf, wieder zu ankern, anstatt in einem schwülen Stadthafen eng an eng zu liegen. Es gelang mir zum Glück und so lagen wir in Dinghi-Reichweite vielleicht 200 m vom Strand entfernt.

Ist man im hohen Alter noch „seetüchtig“?
An dieser Stelle muss ich auf die körperlichen Nachteile des hohen Alters zu sprechen kommen. Bei unserer Charteryacht handelte es sich um eine Bavaria mit 40 Fuß Länge, die schon zehn Jahre auf dem Buckel hatte. Nicht viel für eine Eigneryacht, für eine im Charterbetrieb aber sehr wohl. Die äußerliche Abnutzung sieht man einer Yacht, die zehn Jahre von Touristen durchgeritten wurde, einfach an. Dass man nicht wirklich alle Mängel sieht, sollte uns später noch beschäftigen. Die Ausstattung ist auf das Notwendigste beschränkt und auch die Küche ist nicht auf das selbst Kochen ausgelegt.
Dieses Bavaria-Modell zeichnete sich vor allem durch eine herunterklappbare Heckplattform aus. An diese wird eine Badeleiter gesteckt und damit kommt man theoretisch aus dem Wasser wieder zurück an Bord. Nur hatte diese Badeleiter aus welchen Gründen auch immer einen negativen Winkel. Wenn man draufstand, waren die Füße leicht unterhalb der Plattform und der Körperschwerpunkt nach hinten verschoben. Sich hier aus dem Wasser zu hieven, erforderte schon ein paar Armmuskeln und robuste Knie. Beides haben Männer über 80 nicht mehr. In der Folge sorgten die ersten Versuche für angeschlagene Knie und blutige Ellenbogen sowie für eine fast abgerissene Schultersehne. So ziemlich jedes Körperteil ist im hohen Alter schon vorbelastet oder sogar ersetzt worden und das hieß, keiner der drei Senioren konnte letztlich selbständig das Boot entern. Mit Hilfe einer stabilen Leine zum Festhalten und zwei Personen links und rechts konnte der Badende schließlich wieder an Bord geholt werden. Als ich mir das so ansah, war ich erstmal baff. Denn in einem etwaigen Notfall stünden die Chancen, einen dieser Männer wieder an Bord zu holen, bei fast Null. Man denke an bewegte See statt Windstille und einen ohnmächtigen oder zumindest hilflosen Menschen.

Doch zurück zum Dinghi, welches wir wie oben erwähnt zum ans Ufer Paddeln benutzten. Zunächst mal ist es sehr schwierig, einen Menschen mit wackeligen Beinen in ein wabbeliges Schlauchboot hineinzubekommen, das hinter der Badeplattform hin und her driftet. Wenn das geschafft ist, stellt sich die Frage nach dem an Land kommen. Ist ein Steg in Sichtweite, kommen die Herren einigermaßen unbeschadet hinaus. An einem Kiesstrand wie bei Syvota sieht die Lage schon anders aus. Der eine sackt im losen Kies weg und sitzt im Wasser auf dem Hosenboden. Der andere stolpert beim Aussteigen und liegt der Länge nach im Kies mit blutig geschlagenem Arm. Dass nichts gebrochen ist, grenzte an ein Wunder. Und das alles, obwohl ich das Dinghi schon fast komplett am Strand aufliegen hatte und es mit allen Kräften festhielt. Die hier badenden Touristen warfen uns mitleidige Blicke zu und einer wollte sogar den Senioren beim Aufstehen helfen. Aber selbst das ist nicht leicht, denn wenn man am Arm zu fest zieht, reißt womöglich wieder ein Sehne… es war ein Drama!

Wer Eltern in diesem Alter hat, kann sich die Antworten der Senioren zu dieser Thematik sicher schon denken: Schuld ist die Leiter, das Dinghi, der Strand, der dummer Zufall… man selber ist doch eigentlich noch topfit. Ähnlich ist die Reaktion auf meine Anmerkungen zu Themen wie vorausschauendes Fahren, alles im Blick behalten, Situationen rechtzeitig erkennen, sicheres Manövrieren und Kontrollieren des Boots: nichts von dem ist noch vollständig gegeben. Hier stößt man auf taube Ohren und nicht mehr vorhandene Selbstreflexion. Andererseits kann ich es schon verstehen, dass einem im Alter die Einsicht fehlt. Gerade wenn man in jungen Jahren doch alles im Griff hatte und sich jetzt eingestehen müsste, dass dem nicht mehr so ist. Im bin da realistisch, vermutlich wird es mir in 40 Jahren genauso ergehen. Hoffentlich gibt es dann einen „Jungspund“, der mich wider meines Willens zum Besseren bekehrt.
Der Törn endet, wie er anfing
Von Syvota nach Petriti: die Woche näherte sich ihrem Ende und wir mussten zusehen, am vorletzten Abend nicht allzu weit entfernt von der Heimatmarina zu nächtigen. Mittlerweile ist es scheinbar üblich, dass die Vercharterer ihren Check-Out schon am Nachmittag des letzten Tages machen. Da man noch Tanken muss, ist der Segeltörn in der Praxis schon am frühen Freitagnachmittag beendet. Wir fuhren also wieder zurück nach Petriti, aßen ein weiters Mal an Land machten uns am nächsten Morgen auf nach Norden in Richtung Gouvia.

Von Petriti nach Gouvia: nach einem weiteren Vormittag ohne Wind trafen wir zeitig an der Tankstelle vor der Marina ein. Doch was ist das, alle legen römisch-katholisch unter Verwendung des Bugankers an! So passen zwar mehr Boote an die Tanke, aber das Manöver ist ungleich aufwendiger, als einfach kurz längsseits zu gehen. Die Marina ist riesig, vermutlich können sie nur auf diese Weise all die Heimkommer abfertigen. Unter viel Stress schaffte es einer der Senioren, erfolgreich anzulegen. Meine „Tagesskippertage“ lagen dummerweise immer wann anders und so brach mir beim Zuschauen schon wieder der kalte Schweiß aus. Nur wollte ich mich diesmal zurückhalten, damit am letzten Tag die Stimmung nicht nochmal in den Keller ging. Mein Job war die Ankerkette, ansonsten hielt ich die Klappe.
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Hebel auf den Tisch, wir werden abgeschleppt
Nun passierte beim Ablegen jedoch der Knaller. Erst bekam ich es nicht richtig mit, nur dass der Anker plötzlich wieder runter sollte. Da stellte es sich doch tatsächlich heraus, dass der Gashebel für die Motorsteuerung im Cockpit einfach abgebrochen war! Der Steuermann hielt ihn ungläubig in der Hand. Ich gab Kette und Dank Wind von vorne trieben wir kontrolliert zurück an den Tankstellensteg. Ein kurzes hektisches Telefonat mit dem Vercharterer später kam ein Helfer an Bord, und zusammen mit einem Motorboot konnte unsere Yacht die kurze Strecke zum Steg bugsiert werden.

So makaber es klingt, aber ich war tatsächlich ein wenig erleichtert. Denn ich glaube nicht, dass unser Senior noch wirklich die Fähigkeit gehabt hätte, das Boot sicher unter Motor rückwärts durch die Boxengasse an unseren Liegeplatz mit Muring zu manövrieren. Was mir viel eher Gedanken machte, war meine eigene Reaktion. Was wäre denn gewesen, wenn der Hebel bei eingerastetem Vorwärtsgas abgebrochen wäre? Das Boot wäre hilflos um den Anker geschlingert, vermutlich im Kreis und hätte ihn irgendwann ausgebrochen. Raum zum Kreise fahren war da aber nicht… es hätte wohl ganz ordentlich Bruch gegeben.
Der einzige Lösungsansatz, der mir auf die Schnelle einfiel, war die rote Hauptsicherung unter der Treppe am Niedergang. Vermutlich hätte ein Ausschalten den Motor gestoppt. Ganz sicher kann man sich bei einem Diesel aber nicht sein. Würde der eigentlich ausgehen über den Stopp-Knopf, wenn der Gashebel nicht auf Neutral oder zumindest auf wenig Gas steht? Noch nie ausprobiert. Zeit, um so etwas herauszufinden, war sowieso nicht. Bis ich stattdessen die Kraftstoffzufuhr unterbrochen hätte, wäre der Unfall sicher schon passiert. Auch dass man den Seilzug des Gashebels direkt am Motor hätte verstellen können, fiel mir erst hinterher ein. Kurz gesagt: wenn einem auf engem Raum und unter Zeitdruck so etwas passiert, ist man auf eine Schippe Glück angewiesen. Und die hatten wir.
Wer ist schuld, wenn man Pech hat?
Das Nachspiel eines solchen Zwischenfalls mit Sachschaden, also dem abgebrochenen Gashebel, ist beim Chartern immer kurz und schmutzig: du hast das Boot mit Unterschrift übernommen, also bist du für alles verantwortlich, was ab diesem Zeitpunkt passiert. Rein rechtlich halte ich das für zweifelhaft. In der Praxis sagt einem aber der Vercharterer, dass der Hebel eine saubere Bruchstelle habe, es keine Korrosion gebe und man es wohl selbst gewesen sein müsse. Dass wohl viel eher eine der Vorgänger-Crews tüchtig auf den Hebel getreten ist und nicht der klapprige Senior mit seinen Bärenkräften, spielt hierbei keine Rolle. 500 Euro sind fällig. Zum Glück hatten wir eine Kautionsversicherung, von der wir hoffen, dass sie uns den Schaden erstattet.

Und damit wären wir wieder zurück am Beginn unseres Törns, in der Gouvia Marina. Trotz unserer immer noch frühen Ankunftszeit mussten wir wieder einmal warten. Erst auf den Check-Out, dann auf den Taucher, der sich alle Yachten von unten ansieht und sie auf Grundberührung prüft. Wer wann kommt, ist nie ganz klar. Es wird einem nahegelegt, am Boot zu bleiben und nicht nach Korfu-Stadt zu verschwinden… wieder mal klaut einem der Vercharterer Urlaubs- und Lebenszeit. Das war schon am Anreisetag so, als sie uns partout nicht aufs Boot lassen wollten, obwohl es schon fertig gereinigt war. Wer vor 16 Uhr drauf will, muss eine Extragebühr abdrücken, so läuft das heutzutage.

Wer die Strecke des Törns nachmisst, kommt auf nicht sehr viele Tagesmeilen. Insgesamt waren wir 90 sm unterwegs, davon sicherlich 80 unter Motor. Mein Fazit: zu dieser Jahreszeit kommt das Ionische Meer nicht mehr in Frage. Chartern nur noch außerhalb des Samstags-Rhythmus. Und den Senioren muss ich zukünftig leider doch einen Korb geben: ich möchte nicht Skipper sein, wenn mir einer der alten Jungs an Bord die Biege macht. So deutlich muss ich es leider sagen, auch wenn es mir leid tut. Es gibt auch altersgerechte Möglichkeiten, weiterhin maritim unterwegs zu sein. Dafür muss man nicht mehr selbst eine Yacht chartern.