Wie man Barista wird: die SCA-Barista Ausbildungswoche in der Bonner Kaffeeschule

von Mo

Bei Mark Czogalla lernt man das Handwerk des Baristas und nicht nur das. Theorie, Praxis und eine Menge Passion für Kaffee, das nimmt man nach dieser Woche mit nach Hause.


Gute Kurse sind schwer zu finden

Kurz hatte ich überlegt, diesen Artikel anzufangen mit „Lernen bei den Besten“. Aber zum einen ist Mark eine Singularität und zum anderen sollte man nicht zu dick auftragen… Scherz beiseite, wer sich allein die Rezensionen bei Google Maps über die Bonner Kaffeeschule durchliest, fängt an, ungläubig die Stirn zu runzeln: was, diese Klitsche hat fast nur 5-Punkte Bewertungen? Wurden die Teilnehmer etwa alle gebrainwashed und gekauft? Nach einer Woche vor Ort kann ich nur sagen: nein, hier wird niemand gebrainwashed. Wer die SCA-Barista Ausbildungswoche durchlaufen hat und mit Mark alle Höhen und Tiefen des Espressomachens durchgestanden hat, der kommt aus dem Kurs wie der Sünder aus dem Beichtstuhl: erlöst von den Fehlern der Vergangenheit und gesegnet mit Theorie und Praxis, um einen geilen Espresso zu kredenzen! Da geht dem einen oder anderen schonmal die Prosa durch, wenn er eine Bewertung schreibt.

Doch von vorne. Wer wie ich nach einem Kurs sucht, um seine persönlichen Fähigkeiten im Espressomachen zu erweitern, der stößt innerhalb der Grenzen Deutschlands auch sehr schnell an die Grenzen des Angebotenen. Natürlich gibt es überall Typen, die nebenbei Rösten und noch nebenbeier Kaffeekurse anbieten. Natürlich gibt es die Großen wie Lavazza, die in Frankfurt Personen aus der Gastro am eigenen Produkt ausbilden. Aber dann wird es schon sehr dünn, denn regelmäßig angebotene Kurse mit einem gewissen Qualitätsstandard gibt es nicht sehr viele.

Das Beste aus den Bohnen kitzeln

Und da kommt die SCA ins Spiel, die „Specialty Coffee Association„. Für mich hätte es diese Organisation mit ihrer leicht korrupten Vergangenheit und auch deren Konzept nicht gebraucht, denn für mich zählt vor allem die Erfahrung des Kursleiters. Aber sie haben es geschafft, einen internationalen Qualitätsstandard zu definieren. Und so bin ich als ausgewiesenes „Schoko-Bonbon“ (O-Ton Mark) eben hier gelandet. Da ich aber ein sehr wertneutrales Schoko-Bonbon bin, habe ich in dieser Woche im November 2023 auch die Qualität von erlesenen Arabica-Bohnen zu schätzen gelernt! Der Kurs „SCA-Barista Ausbildungswoche“ ist jedenfalls standardisiert und besteht aus drei Modulen, die man auch einzeln buchen kann. Sie gehen von der Einführung (Introduction) über die Grundlagen (Barista Foundation) bis zum guten Standardlevel (Barista Intermediate). Jedes Modul wird im Anschluss mit einer recht einfachen Multiple-Choice Prüfung abgeschlossen. Das kann man leicht abends im Hotelzimmer erledigen. Es erinnert ein wenig an die Prüfungen für verschiedene Methoden aus dem IT- und Projektmanagementbereich, die man z.B. über PeopleCert ablegen kann, nur einfacher. Hier zählt die Praxis und die prüft Mark vor Ort.

In diesem Rahmen bewegen wir uns also in dieser Woche. Zu Beginn dachte ich mir „wie kann man eine ganze Woche damit verbringen, ordentlichen Espresso und Cappuccino zu machen?“. Aber schnell wurde mir klar, dass es nicht anders ist, wie mit den genannten Methoden aus dem beruflichen Bereich. Es reicht nicht aus, nur das Handwerk zu erlernen. Auch das Umfeld und die Herkunft, die Kultur und das Wie und Warum sollten geklärt werden. Nur dann ist das Bild rund und man verfällt nicht in das Muster von Malen nach Zahlen. Der aufgeweckte Barista sollte schon wissen, woher seine Bohnen stammen und warum sie ein spezielles Geschmacksprofil erzeugen. Und mit welchen Mitteln und Rezepturen er das Beste aus ihnen herauskitzelt. Und davon abgesehen braucht es halt auch literweise selbst kredenzte Cappuccinos, bis das Ergebnis überzeugt. Wer das nach zwei Tagen schon schafft, der wäre wohl ein Naturtalent, denn die Ansprüche sind hoch.

Die Teilnehmer sortieren sich

In diesem Kurs waren wir zu fünft und die meisten kamen aus privater Motivation. Hier muss man ehrlich sein: niemand, der im „Extrablatt“ an der Theke steht, braucht so eine Ausbildung. Wer in die Bonner Kaffeeschule kommt, hat entweder selbst Blut geleckt oder hat vor, ein Café mit Anspruch zu eröffnen. Oder darin zu arbeiten. Wir waren also eine bunte Mischung: vom 19-jährigen Mädel über die mittelalten Einsteiger bis zu den schon etwas gesetzteren Umsteigern wie mir. Wobei mein eigener Plan weder auf das Umsteigen setzt noch sonst irgendwie ausgereift ist. Momentan kann ich mir im Beruf den einen oder anderen freien Tag gönnen und hatte überlegt, die Zeit mit dem Verkauf von Kaffeeprodukten an einem Coffee-Bike zu füllen. Ob das „Bike“ nun wirklich ein Fahrrad sein muss oder auch eine Piaggio Ape sein kann, sei einmal dahin gestellt.

Nachdem wir uns am ersten Tag einmal kreuz und quer in verschiedenen Teams an den Maschinen zusammengefunden hatten, haben wir dann schlussendlich unsere final passende Paarung gefunden. Bei mir war es das junge Mädel, die beiden Kerle waren auch miteinander happy und der universitäre Perfektionist konnte sich an einer eigenen Maschine entfalten. Typischerweise begann der Tag mit einem Kaffee! Allerdings nicht mit der Presskanne wie im Büro, sondern sauberst gebrüht von Mark himself und zwar mehrere Sorten in jeweils eigenen Tassen. Unsere Aufgabe bestand nun darin, den Charakter der Bohnen zu analysieren. Vollmundigkeit, Geschmack und Aromen sollten benannt werden. Für uns als enthusiastische Anfänger nicht leicht, denn noch hatten wir kein Vokabular. Aber wozu hing prominent das Rad der Aromen im Kursraum? Daran konnten wir uns orientieren. Diesen „Cupping“ genannten Teil wiederholten wir an jedem Tag und so wurden wir tatsächlich immer ein bisschen besser. Obwohl nicht Teil des SCA-Programms, fand Mark das Cupping sehr wichtig und hat es sozusagen auf eigene Tasche in den Kurs eingebaut.

An der Profimaschine wird geübt

Nach dem Aromen raten und Herkunft benennen ging es an die Espresso-Maschinen. Alles Profi-Versionen, wie sie auch in jedem besseren Café zu finden sind. Jede hat so ihre Eigenheiten und von den Mühlen will ich gar nicht erst anfangen. Die Lernkurve war steil und es machte unheimlich Spaß, solche Geräte zu bedienen. Im Vergleich zu den kleinen Kistchen, die jeder von uns zu Hause in der Küche stehen hat (bei mir die Rancilio Silvia), jedenfalls ein Unterschied wie Tag und Nacht. Das Einstellen der Mühle ging bald leicht von der Hand, der Espresso floss in der richtigen Geschwindigkeit und der richtigen Extraktion. Und irgendwann nach mehreren Tagen schafften wir es sogar alle, gleichmäßig schönen Milchschaum zu produzieren. Das Lernen des Aufschäumens und das Gießen der Latte Art ist ein Thema für sich… mir persönlich war die offizielle und sehr detaillierte Vorgehensweise zu kompliziert und ich steckte fest. Abends schaute ich mir im Hotel ein Video an und dachte mir: ok, so machst du das morgen und siehe da, der Schaum war weich und das gegossene Herzchen erschien endlich! Leicht zu lernen, schwer zu meistern. Oder einfach weniger Hirn benutzen.

So vergingen die Tage wie im Flug. Pausen gab es natürlich auch, aber im Prinzip waren wir immer mit Vollgas dabei und man hatte das Gefühl, in einem einzigen Kaffee-Flow zu sein. Vorträge von Mark zur Kaffeebohne, den Röstungsarten und sogar zum Betrieb (oder nicht-Betrieb) eines eigenen Café gaben uns tiefe Einblicke in das Geschäft. Abends im Hotel schälte man sich aus den Klamotten und roch, als hätte man ein Bad in gerösteten Bohnen genommen. Man war sozusagen innerlich und äußerlich mit Kaffee imprägniert.

Bereit für die Praxisprüfung

Alle unsere Übungen hatten ein höheres Ziel: die finale Prüfung schaffen! Zur Vorbereitung sollten wir sechs Kaffeegetränke in sechs Minuten herbeizaubern, wie ein professioneller Barista. Dabei musste der Arbeitsplatz hinterher genauso geleckt aussehen wie am Anfang der Übung. Am Ende der letzten Tage kam es also immer zum Höhepunkt: wo stehen wir mit unseren Skills? Sind die Getränke am Ende so gut, wie sie sein müssen? Stimmt die Extraktion, der Milchschaum, die Temperatur, die saubere Arbeitsweise? Schnell noch die schwitzigen Hände abgetrocknet und schon kam die Bestellung rein: „2 Latte, 2 Cappus und 2 Americanos bitte!“.

Aufschreiben war erlaubt und für mich die einzige Chance, in der Aufregung nicht die Hälfte zu vergessen. Doch unser Mädel hat sich einfach alle Kombinationen im Kopf gemerkt… gesegnet sei die Jugend. Untertassen auf den Serviertisch und los geht’s: was mache ich zuerst? Wo kann ich kombinieren, was geht gleichzeitig? Schonmal Milch aufschäumen, während die Americanos durchlaufen. Latte-Milch einschenken. Dann wieder gleichzeitig Milch aufschäumen und die beiden Cappus machen. Cappus fertig eingießen und schließlich noch – mist, da fehlen doch noch die beiden Shots für die Lattes! Und alles war bereits so schön sauber geputzt, argh! Ergebnis: 10 Minuten. Das muss besser gehen. Morgen.

Kurz und gut: wir haben es alle geschafft. Mark hat uns solange trainiert, bis es fluppte. Den SCA-Standard hätte es für mich nicht gebraucht, denn wie nützlich ist so ein Zertifikat wirklich in der Gastro? Wenn du keinen Kaffee machen kannst, fliegst du eh auf. Wer die Bonner Kaffeeschule durchlaufen hat, kann jedenfalls überall bestens mithalten: Kunde fragt nach Bohne & Co? No problemo. Chef will ein neues Rezept in die Karte aufnehmen? Machen wir.

Fazit: wenn die Mühle mahlt und der Espresso läuft, dann gibt es immer einen, der gelassen hinterm Tresen steht – der Barista aus Mark’s Schule. Gehet hin und lernet, es lohnt sich.

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