Schonmal in Norwegen gewesen? Ich erst einmal, und zwar zum Hundeschlitten Fahren. Nicht nur zum herumsitzen im Schlitten, sondern zum selberfahren. Ein ziemlich anstrengender Spaß!
Inhalt
Die Anreise in den Norden über Oslo
Der Ort, wo es hingehen sollte, ist der Fulufjället Nationalpark, welcher eigentlich in Schweden liegt, kurz hinter der Grenze zu Norwegen. Man könnte natürlich auch über Stockholm anreisen, einfacher erschien es mir aber über Oslo. Der Vorteil hierbei ist, dass man so das idyllische norwegische Skigebiet Trysil besuchen und sich dort ein wenig fit machen kann, falls das zu Hause noch nicht geschehen ist (es gibt dort eine unglaublich steile Piste, der Rest ist eher Pipi-Langstrumpfmäßig einfach). Man benötigt natürlich eine gewisse Faible für Schnee, Kälte und teure Alkoholika, um diesem Land etwas Spaß abgewinnen zu können.
Natürlich ist Oslo immer eine Reise wert. Besonders das Kon-Tiki Museum von und über Thor Heyerdahls abenteuerliche Reise mit seinem Schilf-Floß ist sehr unterhaltsam. Wer auf Spinner, pardon, Abenteurer dieser Art steht, dem sei außerdem noch das Buch „Ein Mann, ein Floss, ein Weltmeer: 6700 Meilen über den Pazifik“ von William Willis ans Herz gelegt. Wer sich monatelang nahezu ausschließlich von Kaffee und Zucker ernähren kann und dabei auch noch weiter segelt als Kon-Tiki, hat sich einen Platz neben Herrn Heyerdahl redlich verdient.
In Norwegen heizt man mit Holz
Schon gewusst, dass man in Norwegen noch Spikes an den Autoreifen fahren darf? Oder dass ab einer gefühlten Einwohnerzahl von 5 Personen pro Quadratkilometer fast keinerlei Infrastruktur mehr vorhanden ist? So kam es, dass das tief verschneite Haus von Hendrik Stachnau und seinen Hunden fast unzugänglich am Waldesrand zu finden war. Befeuert und beheizt hauptsächlich von einem Holzofen und reichlich Kerzen, das Wasser kam aus einem Eisloch am Fluss. Hendrik ist der Leiter dieser Tour und was das Führen von Hundeschlitten angeht trotz seines jungen Alters ein erfahrener Mann. Ein „Musher“, wie man in Fachkreisen sagt. Ich reiste einen Tag vor dem offiziellen Starttermin an, da ich Hektik nicht mag und mich gerne in der Umgebung akklimatisiere, bevor es losgeht. So bekam ich die Gelegenheit, einige Hunde schon einmal kennenzulernen, außerdem noch 2 Kubikmeter Feuerholz im Schuppen aufzuschichten und mit Hendrik und seiner künftigen Frau bei Kerzenschein deren Geburtstag zu feiern.
Kennenlernen der Hunde
Am nächsten Tag ging es los: die Hendrik-Hunde kamen allesamt in ihre Transportboxen und wir fuhren rüber zu Freunden, wo schon der Rest der Teilnehmer und weitere Hunde warteten. Nachdem Mensch und Hund auf alle vorhandenen Schlitten eingeteilt waren, ging es los. Nach wenigen Metern wusste ich, warum mir Hendrik einschärfte, erstmal nicht von der Bremse zu gehen: diese Tiere („Alaskan Malamut“) haben eine urtümliche Kraft und dazu kommt ihre schiere Freude am Rennen!
Sechs Malamuts ziehen mich Leichtgewicht und den Schlitten mit Vorräten und Ausrüstung als wären wir ein lästiges Anhängsel. Am Ende der Tour sollte ich die Metallkralle, welche als Bremse fungiert, durch das dauernde Betätigen nahtlos durchgetreten haben.
Einige der schwereren Teilnehmer kannten dieses Problem nicht: sie mussten hin und wieder absteigen, während wir uns durch den Wald hinauf zum Fulufjället Plateau gekämpft haben. Merke: wer seinen Schlitten loslässt, muss ohne ihn weiterlaufen. Sehr gefährlich für Mensch und Gespann, da es zum Verlust des Schlittens führen kann. Also dranbleiben, koste es was es wolle.
Ich bin ja ganz schlecht im Selbstloben… aber als scheinbar einziger Teilnehmer mit passabler Kondition konnte ich nach dem Abspannen und Verköstigen der Hunde unseren eigenen Hüttenabend noch richtig genießen. Ansonsten herrschte Grabesruhe beim Abendessen. Der ein oder andere plagte sich schon mit dem Gedanken, morgen früh stracks zurück zur Lodge zu laufen. Nur ja nicht mehr diese grenzwertigen Anstrengungen. Verständlich, wenn man übergewichtig ist und im oberschenkeltiefen Schnee einige Höhenmeter hinter seinem Gespann hersprinten musste.
Im Rhythmus der Hunde
Diese eisige Kälte. Diese klare Weite. Ein Himmel, der mehr blaugrau Töne hat als die Eskimos Wörter für Schnee. Hat man sich nach zwei Tagen erst einmal an den Rhythmus aus Hundeversorgen, Schlittenfahren, Hundeversorgen und Schlafen gewöhnt, möchte man gar nicht mehr abreisen. Der Geruch der Hunde und der eigenen Klamotten ist akzeptiert. Sich selbst riecht man schon lange nicht mehr. Jetzt gehören wir zum Rudel.
Und dieses Rudel freut sich unbändig, wenn es bei jedem Zwischenhalt und bei jeder anderen sich bietenden Gelegenheit tüchtig geknuddelt wird! Wer Angst vor Hunden hat ist hier genau richtig. Dieses positive und ungestüme Einfordern von Knuddeleinheiten vertreibt den letzten Zweifel am guten Charakter dieser Tiere. Falls sie doch einmal aggressiv kläffen, bezieht sich das fast immer auf Streitigkeiten innerhalb des Rudels. Dann jedoch sollte man sich als Gast zurückhalten und Hendrik zusehen, wie er als Leitwolf für Ordnung sorgt. Irgendwann hat es jeder begriffen: Mensch und Hund, das passt perfekt zusammen.
Tipps & Tricks für Touristenmusher
Und hier noch ein paar Tipps & Kniffe:
- Mitbringen: selbstaufblasbare Isomatte, viele warme Schichten an Klamotten, alte Jacke und Handschuhe, warme wasserdichte Schuhe, Stroh Rum 80%.
- Hunde immer festhalten. Immer. Mit beiden Händen.
- Falls die Kolonne anhält und man sich vom Schlitten entfernen muss: Anker eingraben(!), Schlitten umlegen.
- Enge Kurven antizipieren. Hunde rennen immer den direkten Weg.
- Nicht auf scheinbar festes Eis treten.
- Im Klohäuschen immer Mütze tragen. Die Eiskristalle, die einem beim Zuschlagen der Tür auf den Kopf regnen stammen von, nun ja, den warmen Dämpfen der Vorgänger…
Ab in den Einkaufswagen
Ich bin zwar kein Verfechter von Wegwerfklamotten. Aber für einen Trip mit dem Hundeschlitten sollte man sich nicht die beste Kleidung anziehen. Sowas hier ist günstig und kann hinterher noch als Arbeitskleidung getragen werden:
Während man die verrückten Segelabenteuer von William Willis liest, gießt man sich am besten einen steifen Grog hinter die Binde:
Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Käufen.